AMB 2011, 45, 52a
Unter hoch dosierten Statinen ist neu entdeckter Diabetes mellitus Typ 2 häufiger als unter niedrig dosierten
Im vorigen Jahr haben wir über eine etwas erhöhte Inzidenz von neu diagnostiziertem Diabetes mellitus (DM) berichtet bei Patienten im Alter über 60 Jahre, die mit Statinen behandelt werden, im Vergleich mit Plazebo (1). Im JAMA erschien jetzt eine Metaanalyse (2) von Studien mit zahlreichen Autoren aus vielen Ländern, in denen hoch dosierte sowie niedrig oder mittelhoch dosierte Statine im Hinblick auf die Verhinderung kardiovaskulärer Ereignisse untersucht worden waren (vgl. auch 8). Diesen Studien ließ sich auch die Inzidenz von neu entdecktem DM entnehmen. Nur fünf Studien (3-7), alle mit dem Ziel der Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse, kamen für die Auswertung infrage. Insgesamt waren in die Studien 39.612 Patienten eingeschlossen worden, davon 32.752 ohne DM. Die Nachbeobachtungszeiten lagen zwischen 2 und 6,7 Jahren, im Mittel 4,9 Jahre. Das mittlere Alter der Patienten in den fünf Studien variierte zwischen 58 und 64 Jahren. Die mittlere LDL-Cholesterin-Differenz zwischen hoher und niedriger Statin-Dosierung nach Erreichen eines stabilen Lipidniveaus unter Therapie variierte zwischen 12% und 22% vom Ausgangswert.
Verglichen wurden Tagesdosierungen von Atorvastatin 80 mg mit Pravastatin 40 mg (3), Simvastatin 40 mg oder 80 mg mit Simvastatin 10 mg (4), Atorvastatin 80 mg mit Atorvastatin 10 mg (5), Atorvastatin 80 mg mit Simvastatin 20 mg oder 40 mg (6) und Simvastatin 80 mg mit 20 mg (7).
Ergebnisse: Von den nicht-diabetischen Patienten entwickelten 1449 unter Hochdosis (HD) vs. 1300 unter Niedrigdosis (ND) einen Diabetes mellitus. Das sind zwei zusätzliche Erkrankungen an DM pro 1000 Patientienjahre unter HD. Die Odds ratio (OR) war 1,12 mit einem 95%-Konfidenzintervall (CI) von 1,04-1,22. Der Unterschied ist nicht groß aber signifikant. Andererseits erlitten unter Hochdosis 3134 Patienten vs. 3550 unter ND ein neues kardiovaskuläres (KV) Ereignis, umgerechnet 6,5 KV-Ereignisse pro 1000 Patientenjahre weniger unter HD. Die OR war hier 0,84 (CI: 0,75-0,94, auch signifikant). Die Number needed to harm für neuen DM durch HD vs. ND war 498, andererseits war die Number needed to treat für die Verhinderung eines KV-Ereignisses 155 zu Gunsten der HD. In dieser Studie wurden keine Aussagen zum DM-Risiko in Abhängigkeit vom Alter der Patienten bei Einschluss in die Studie gemacht.
Das etwas höhere DM-Risiko bei hoch dosierter Statintherapie wird durch eine größere Zahl verhinderter KV-Ereignisse mehr als aufgewogen. Da die Entstehung eines DM durch Statintherapie aber nur eines von mehreren Risiken bei HD-Therapie ist, kann das Ergebnis dieser Metaanalyse keinesfalls als Plädoyer für eine generell hoch dosierte Therapie dienen.
Fazit: Eine Statintherapie erhöht geringfügig das Risiko der Entstehung eines Diabetes mellitus (DM) Typ 2, besonders bei älteren Patienten (1). In der hier referierten Metaanalyse (2) wurde gezeigt, dass das DM-Risiko bei hoch dosierter Statintherapie größer ist als bei niedrig dosierter. Wenn bei kardiovaskulären Hochrisiko-Patienten eine hohe Statindosis indiziert sein sollte, dann sollte das DM-Risiko bei anderweitig guter Verträglichkeit des Statins den behandelnden Arzt nicht von einer Dosiserhöhung abhalten.
Literatur
- AMB 2010, 44, 31.
- Preiss, D., et al.: JAMA2011, 305, 2556.
- Cannon, C.P., et al.(PROVE-IT-TIMI 22 = PRavastatin Or atorVastatin EvaluationandInfection Therapy-Thrombolysis In MyocardialInfarction 22): N. Engl. J. Med. 2004,350, 1495 . Erratum: N. Engl. J. Med. 2006, 354, 778.
- de Lemos, J.A., et al. (A to Z trial =Aggrastat to Zocortrial): JAMA 2004, 292, 1307.
- LaRosa, J.C., et al. (TNT = Treating to New Targets):N. Engl. J. Med. 2005, 352, 1425.
- Pedersen, T.R., et al. (IDEAL = Incremental Decreasein End points throughAggressive Lipid lowering): JAMA2005, 294, 2437 . Erratum: JAMA 2005,294,3092.
- SEARCH CollaborativeGroup (= Study of the Effectiveness of Additional ReductionsinCholesterol and Homocysteine): Lancet 2010, 376, 1658 . Erratum: Lancet 2010,377, 126.
- AMB 2011, 45,25.
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