AMB 2011, 45, 47a
Operation versus Antibiotika bei akuter unkomplizierter Appendizitis
Die akute Appendizitis ist eine der häufigsten Indikationen für einen chirurgischen Eingriff. Bei ca. 20% der Patienten ist sie durch eine lokale Peritonitis oder Perforation kompliziert (1). Meistens handelt es sich jedoch um eine umkomplizierte Appendizitis. Einige Untersuchungen, darunter auch vier randomisierte Studien, hatten den Eindruck vermittelt, dass die akute unkomplizierte Appendizitis mit Antibiotika geheilt werden kann und dass dieses konservative Vorgehen zur Therapie der 1. Wahl werden könnte (2-5). Schwächen in der Konzeption dieser Studien haben aber verhindert, dass es zu Änderungen an den bisherigen Empfehlungen gekommen ist. Die Operation bei akuter Appendizitis wird in der Regel gut toleriert, aber es kommt bei 2-23% zu postoperativen Komplikationen (6-7). Es könnte sein, dass eine konservative Therapie der Appendizitis risikoärmer ist als die operative. Jetzt wurde zu dieser Frage eine randomisierte kontrollierte Studie aus Frankreich vorgelegt (8).
In dieser Studie wurden 243 Patienten (16-68 Jahre alt) mit akuter Appendizitis ohne Komplikationen (Nachweis durch CT) in zwei Gruppen randomisiert. Die eine Gruppe bekam ein Antibiotikum (n = 123), die andere wurde sofort operiert (n = 120). Die Patienten der Antibiotikagruppe erhielten 8-15 Tage lang 3 g/d Amoxicillin plus Clavulansäure, wenn sie unter 90 kg wogen oder 4 g/d bei 90 kg oder mehr. Patienten mit Übelkeit oder Erbrechen erhielten das Antibiotikum i.v., die anderen oral. Verbesserten sich die Symptome und das Fieber in der Antibiotika-Gruppe nicht innerhalb der ersten 48 Stunden, wurden die Patienten appendektomiert.
Ziel der Studie war es, eine Nichtunterlegenheit der Antibiotikumtherapie nachzuweisen. Als Zielparameter wurde das Vorhandensein oder die Abwesenheit einer Peritonitis am 30. Tag nach Behandlungsbeginn festgelegt.
In der Gruppe mit Antibiotikum hatten neun Patienten nach 30 Tagen eine Peritonitis, jedoch nur zwei nach Appendektomie (Unterschied 5,8%; CI: 0,3-12,1; signifikant). In der Antibiotikumgruppe mussten innerhalb der ersten 30 Tage 14 Patienten doch noch wegen eines Rezidivs der Appendizitis appendektomiert werden und weitere 26 Patienten im Zeitraum von einem Monat bis einem Jahr nach Beginn der Studie (Rückfallrate 26%).
Fazit: Selbst bei unkomplizierter akuter Appendizitis ist die Appendektomie einer antibiotischen Therapie mit Amoxicillin plus Clavulansäure überlegen.
Literatur
- Livingston, E.H., et. al.: Ann.Surg. 2007. 245, 886.
- Eriksson, S., undGranström, L.: Br. J. Surg.1995, 82, 166.
- Styrud, J., et al.: World J.Surg. 2006, 30, 1033.
- Hansson, J., et al.: Br. J. Surg.2009, 96, 473.
- Malik, A.A., undBari, S.U.: J. Gastrointest. Surg. 2009, 13, 966.
- Konstantinidis, K.M., et al.: J. Laparoendosc. Adv. Tech. A 2008, 18,248.
- Ming, P.C., etal.: Surg. Laparosc. Endosc. Percutan. Tech. 2009, 19, 244.
- Vons, C., et al.:Lancet 2011, 377, 1573.
Schlagworte zum Artikel:
Amoxicillin, Antibiotika, Appendizitis, Clavulansäure,
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