AMB 2012, 46, 53

Delamanid gegen Tbc mit multiresistenten Mykobakterien

Die Tuberkulose (Tbc) ist nach wie vor ein großes klinisches Problem und global eine häufige Todesursache. Resistenzen gegen die wenigen wirksamen Antibiotika nehmen weltweit zu. In den letzten Jahren werden etwa 500.000 Patienten jährlich gemeldet, bei denen die Tbc-Erreger gegen die Schlüsselmedikamente Isoniazid und Rifampicin resistent sind (1). Es werden daher dringend neue wirksame und verträgliche Substanzen benötigt. Über die Wirksamkeit von Moxifloxacin haben wir berichtet (2, 3). Nun wurde eine neue Substanz, Delamanid, bei Patienten mit multiresistenter pulmonaler Tbc getestet (4).

Delamanid (OPC-67683; noch nicht zugelassen) aus der Gruppe der Nitrodihydroimidazooxazole hemmt die Mykolsäure-Synthese und ist in vitro und in vivo wirksam gegen Mycobacterium tuberculosis einschließlich multiresistenter Stämme (5). Die Substanz wurde in einer großen randomisierten, plazebokontrollierten, multizentrischen Phase-II-Studie in neun Ländern eingesetzt. In den ersten acht Wochen der Therapie blieben alle Patienten stationär, um ausführliche Sicherheitskontrollen durchzuführen und wöchentlich Sputumkulturen anzulegen. Es wurden 481 Patienten mit multiresistenter pulmonaler Tbc eingeschlossen (in der Sputum-Kultur nachgewiesene Resistenz gegen Rifampicin und Isoniazid). Alle Patienten hatten radiologische Veränderungen der Lunge und bei allen waren säurefeste Stäbchen in der Ziehl-Neelsen-Färbung nachweisbar. Fast alle Patienten waren HIV-negativ. HIV-positive Patienten mit weniger als 350 CD4+-T-Zellen/µl und Patienten mit Herzrhythmusstörungen wurden wegen der möglichen Verlängerung der QT-Zeit ausgeschlossen. Alle Patienten bekamen die von der WHO empfohlene Therapie für multiresistente Tbc, die in der Regel aus 4-5 Substanzen besteht und gegen die der jeweils nachgewiesene Erreger noch empfindlich ist (6). Hierzu gehören injizierbare Antibiotika wie Aminoglykoside oder Capreomycin und auch Fluorochinolone wie Moxifloxacin. Es wurden drei Arme gebildet. 161 Patienten bekamen zur Standardtherapie Delamanid 100 mg zweimal täglich, 160 Patienten 200 mg Delamanid zweimal täglich und 160 Patienten Plazebo. Als Endpunkt wurde der Prozentsatz an Patienten definiert, bei denen nach zwei Monaten die Flüssigkultur Tbc-negativ geworden war.

In der Gruppe mit zweimal 100 mg/d Delamanid plus Standardtherapie waren 45,4% nach zwei Monaten Tbc-negativ im Vergleich zu 29,5% in der Plazebo-Gruppe (p = 0,008). Ein ähnlicher Unterschied wurde auch unter der höheren Dosierung gefunden. Die wesentliche UAW von Delamanid scheint eine Verlängerung der QT-Zeit zu sein.

Bedenkt man, dass es für Patienten mit multiresistenter Tbc nur wenige Therapieoptionen gibt, die zudem mit vielen UAW behaftet sind, und dass nach zwei Jahren nur 65-75% „geheilt” sind, werden neue verträgliche Wirkstoffe dringend gebraucht. Dies wird auch in dem begleitenden Kommentar so gesehen (7). Es bleibt zu hoffen, dass durch Delamanid in Kombination mit anderen neuen Substanzen, wie z.B. Bedaquilin (Diarylchinolin TMC207), das in einer ähnlich konzipierten Studie vor zwei Jahren mit vergleichbarem Erfolg getestet wurde (8), die Behandlung dieser Patienten verbessert werden kann.

Fazit: Delamanid erweitert die Behandlungsmöglichkeiten der Tuberkulose mit multiresistenten Mykobakterien.

Literatur

  1. Young, D.B., et al.: J. Clin. Invest. 2008, 118, 1255. Link zur Quelle
  2. Ji, B., et al.:Antimicrob. Agents Chemother. 1998, 42, 2066. Link zur Quelle
  3. AMB 2009, 43,61. Link zur Quelle
  4. Gler, M.T., et al.: N.Engl. J. Med. 2012, 366, 2151. Link zur Quelle
  5. Matsumoto, M., et al.:PloS Med 2006, 3, e466. Link zur Quelle
  6. Guidelines for theprogrammatic management of drug-resistant tuberculosis. Link zur Quelle
  7. Chaisson, R.E., undNuermberger, E.L.: N. Engl. J. Med. 2012, 366, 2223. Link zur Quelle
  8. Diacon, A.H., et al.:N. Engl. J. Med. 2009, 360, 2397. Link zur Quelle

 

Schlagworte zum Artikel:

Delamanid, Lungentuberkulose, Tuberkulose,

 

Aktuelle Artikel zum Schlagwort: Tuberkulose

Vorerst keine Verkürzung der antituberkulösen Therapie auf vier Monate möglich 2014, 48, 87a

Tuberkulose – eine vernachlässigte Infektionskrankheit. Gibt es neue Therapien? 2014, 48, 57

Behandlung der latenten Tbc mit Isoniazid bei südafrikanischen Minenarbeitern 2014, 48, 23

 

Verlässliche Daten zu Arzneimitteln

DER ARZNEIMITTELBRIEF informiert seit 1967 Ärzte, Medizinstudenten, Apotheker und Angehörige anderer Heilberufe über Nutzen und Risiken von Arzneimitteln.

DER ARZNEIMITTELBRIEF erscheint als unabhängige Zeitschrift ohne Werbeanzeigen der Pharmaindustrie. Er wird ausschließlich durch seine Leserinnen und Leser, d. h. durch die Abonnenten, finanziert. Wir bitten Sie deshalb um Verständnis, dass wir aktuelle Artikel nur auszugsweise veröffentlichen können.

GPSP_Banner_AMB_01_2013 2_Studi_Banner_AMB_NEU DER ARZNEIMITTELBRIEF als Mitglied im ISDB Sie können den ARZNEIMITTELBRIEF in 4 Preiskategorien abonnieren: