Unsere Newsletter aus 2019

DER ARZNEIMITTELBRIEF im April 2019

Der Hauptartikel beschäftigt sich diesmal mit Der medikamentösen Behandlung generalisierter Angststörungen. Hierzu ist gerade eine sog. „Netzwerk-Metaanalyse“ erscheinen. Es gibt ja eine Vielzahl von Psychopharmaka die bei dieser Indikation verordnet werden. Meist wurden diese aber nur über eine begrenzte Zeit und in Studien mit kleinen Patientenzahlen getestet, und oft nur gegen Plazebo, selten gegeneinander. Eine Netzwerk-Analyse versucht in solchen Fällen über indirekte Vergleiche ein „Ranking“ der verschiedenen Arzneimittel vorzunehmen.Die „Ansprechrate“ von Psychopharmaka bei generalisierter Angststörung liegt im Vergleich zu Plazebo bei etwa 60-75%, die erzielbaren Besserungen auf der sog. HAM-A-Skala – ein Quantifizierungsinstrument für Angststörungen – im Mittel bei < 3 Punkten, was auf einer Gesamtskala mit 56 Punkten einem kleinen Effekt entspricht. Nahezu die Hälfte der Patienten setzte das verordnete Psychopharmakon nach knapp 4 Monaten wieder ab, meist wegen Nebenwirkungen. Die Netzwerkanalyse nennt 4 Psychopharmaka mit dem vermeintlich günstigsten Nutzen/Risiko-Verhältnis.  Übrigens sind auch psychotherapeutische Maßnahmen bei einer generalisierten Angststörung wirksam, aber leider nicht überall und leicht verfügbar. Im Aufklärungsgespräch mit den Patienten müssen alle Aspekte der verschiedenen Therapieformen eingehend besprochen werden, ebenso wie deren möglichen unerwünschten Wirkungen und Wechselwirkungen. Die Präferenz des informierten Patienten ist auch laut korrespondierender S3-Leitlinie ausschlaggebend.
Verkürzte Therapie bei Rifampicin-resistenter Tuberkulose Global gesehen ist die Tuberkulose (TB) die Infektionserkrankung, welche die meisten Menschenleben fordert. 2017 starben 1,6 Mio Menschen an der TB und jedes Jahr infizieren sich 10 Mio Menschen neu. Die Zahl der Fälle mit Resistenzen gegen Standard-Tuberkulostatika wächst. So werden jedes Jahr 500.000 neue Rifampicin-resistente Infektionen gezählt. Die Aussicht auf Heilung ist bei diesen Patienten gering. In einer Nicht-Unterlegenheitsstudie, die überwiegend in Bangladesch durchgeführt wurde, hat sich nun gezeigt, dass bei Patienten mit Rifampicin-resistenter, aber Fluorochinolon-und Aminoglykosid-sensibler pulmonaler TB, eine kürzere Behandlungszeit mit Zweitlinien-Tuberkulostatika (9-11 Monate) gleich gut ist, wie die derzeit von der WHO empfohlenen 20 Monate (Ansprechrate bei knapp 80%). Da eine verkürzte Behandlungsdauer Einfluss auf die Adhärenz und die Behandlungskosten hat, ist diese Studie für den Alltag sehr hilfreich.
Trichomoniasis bei Frauen: 7 Tage Metronidazol wirksamer als nur 1 Tag Behandlung Die vaginale Trichomoniasis ist die häufigste, nicht-viral bedingte, sexuell übertragbare Infektion. Frauen sollten zur Elimination der Trichomonaden besser eine 7-Tage-Behandlung mit Metronidazol (2x500mg) durchführen als die oft empfohlene eintägige Behandlung (1x2g). Dies zeigte eine Studie aus den USA mit 623 Frauen. Auch die Sexualpartner müssen untersucht und ggf. mit behandelt werden.
Potenziell ungeeignete Arzneimittel bei älteren Patienten Anfang des Jahres hat die American Geriatrics Society wie alle 3 Jahre die sog. Beer´s Liste erneuert. In dieser Liste benennen Spezialisten Arzneimittel, die bei älteren Patienten wegen ungünstiger Nutzen/Risikorelation potenziell ungeeignet sind oder nur mit großer Vorsicht verwendet werden sollten. Neu auf der Liste sind diesmal u.a. Dabigatran und Rivaroxaban, wegen ihres im Vergleich zu anderen Antikoagulanzien erhöhten Risikos für gastrointestinale Blutungen. Auch die gleichzeitige Anwendung von Opioiden mit Gabapentin oder Pregabalin soll wegen des erhöhten Risikos einer Überdosierung und schwerer sedierungsbedingter Nebenwirkungen wie Atemdepression vermieden werden. Die Beers-Liste 2019 ist barrierefrei einsehbar und sollte allen, die ältere Patienten behandeln, bekannt sein. Link: https://nicheprogram.org/sites/niche/files/2019-02/Panel-2019-Journal_of_the_American_Geriatrics_Society.pdf
Weitere Themen:

Im Beiblatt findet sich der erste Teil eines lesenswerten Berichts über eine OECD-Studie: Aktuelle Herausforderungen in der Versorgung mit innovativen Arzneimitteln zu angemessenen Preisen. Darinwird u.a. auch der viel verwendete Begriff „Innovatives Arzneimittel“ definiert. Dieser Begriff sollte nur bei solchen Medikamenten verwendet werden, die zur Behandlung bisher nicht oder nur unzureichend behandelbarer Krankheiten entwickelt wurden und die besser wirksam bzw. verträglich sind als die bislang verfügbaren Wirkstoffe oder Vorteile für Patienten bei der Applikation bzw. Einnahme bieten.


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