Unabhängig Arzneimittelinformation

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde des Arzneimittelbriefes!

Wir dürfen Ihnen unsere aktuelle Ausgabe vorstellen:

Zur klinischen Bedeutung pharmakogenetischer Tests

Pharmakogenetische Tests boomen. Es handelt sich dabei um ein Screening auf Keimbahnvarianten bestimmter Proteine, die an der Wirkung und dem Metabolismus von Arzneimitteln beteiligt sind (Transportproteine, Enzyme, u.a.). Mit Hilfe dieser Informationen (z.B. langsamer, normaler oder ultraschneller Metabolisierer) soll die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Arzneimitteln voraussagbar werden. Die klinische Validität und der individuelle Nutzen der gewonnenen Informationen sind jedoch in den meisten Fällen völlig unklar. Zudem spielt die Pharmakogenetik nur bei einem Bruchteil der häufig verschriebenen Arzneimittel eine klinisch bedeutsame Rolle. Die prädiktiven Werte sind gering oder unklar. Ein allgemeines pharmakogenetisches Screening ist daher allenfalls ein teures „nice to have“ und derzeit abzulehnen, insbesondere wenn die Patienten das selbst bezahlen sollen.
Grund für eine gezielte pharmakogenetische Testung könnte die unzureichende Wirksamkeit eines Arzneimittels oder unerwartete Nebenwirkungen sein. Von diesem allgemeinen Screening sind gezielte genetische Untersuchungen von Tumorgewebe auf somatische Mutationen abzugrenzen. Diese sind längst etabliert und können wertvolle Auskunft geben über die Wirksamkeit von Onkologika beim individuellen Patienten. Unser Hauptartikel informiert an Hand von Beispielen, u.a. aus der Psychopharmakologie, über den Sinn und Unsinn pharmakogenetischer Tests.

PCSK-9-Hemmer Alirocumab: statistisch signifikante aber klinisch geringe Effekte

In der lang erwarteten ODYSSEY OUTCOME Studie konnten bei Patienten nach einem akuten Koronarsyndrom statistisch signifikante aber klinisch geringe Effekte durch eine Behandlung mit dem PCSK9 Hemmer Alirocumab nachgewiesen werden. Die Patienten erhielten alle die maximal tolerierte Statin-Dosis und Alirocumab oder Plazebo. Ziel der Behandlung war ein LDL-Cholesterin zwischen 25-50 mg/dL. In Relation zu der erzielten zusätzlichen LDL Senkung (bis zu -62%) waren die klinischen Auswirkungen gering: die kardiovaskuläre Letalität innerhalb von 2,8 Jahren wurde überhaupt nicht und die Gesamt Letalität nur geringfügig gesenkt mit einer Number Needed to Treat von 166. Zudem scheinen bestimmte Subgruppen überhaupt keinen Nutzen von den extrem niedrigen LDL-Werten zu haben. Da auch weiterhin Daten zur Langzeitsicherheit fehlen, ist der von den Kardiologischen Fachverbänden geforderte „breite Zugang“ zu diesen Arzneimitteln abzulehnen.

Patienten mit leichter Hypertonie ohne weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren: Zweifel am Nutzen einer medikamentösen Therapie

Die Entscheidung, wann bei einem Patienten eine blutdrucksenkende Arzneimitteltherapie beginnen sollte, ist nicht immer einfach ─ insbesondere bei Patienten, deren Charakteristika nicht gut in klinischen Studien vertreten sind. Eine große retrospektive Kohortenstudie zeigte nun bei Patienten mit einer leichten Hypertonie (RR:140/90-159/99mmHg) ohne weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren keinen Unterschied in der Gesamtsterblichkeit und bei kardiovaskulären Ereignissen zwischen antihypertensiv Behandelten und Unbehandelten.

Rivaroxaban zur Antikoagulation nach TAVI ungeeignet

In einem Rote-Hand-Brief informiert die Bayer AG in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur, dass die Phase-III-Studie GALILEO vorzeitig abgebrochen wurde. In dieser Studie erhielten Patienten nach TAVI randomisiert eine Rivaroxaban-basierte Antikoagulationsstrategie oder eine Plättchenhemmer-basierte Strategie. Grund für den Studienabbbruch war in vorläufigen Ergebnissen ein Anstieg der Gesamtsterblichkeit sowie von Thromboembolie- und Blutungsereignissen.

Demenz bei Patienten mit M. Parkinson: Kombination von Antidementiva und Anticholinergika ungünstig

Versicherungsdaten aus den USA zeigen, dass bei Patienten mit M.Parkinson und Demenz häufig Cholinesterasehemmer als Antidementivum und Arzneimittel mit anticholinerger Wirkung (z.b. Spasmolytika oder bestimmte Antidepressiva) zugleich verordnet werden. Dies ist pharmakologisch widersprüchlich und wird daher auch als Medikationsfehler angesehen. In dem Artikel werden Arzneimittel mit anticholinerger Eigenschaften aufgeführt und auf diese wichtige Interaktion hingewiesen.

Protonenpumpenhemmer für Patienten auf der Intensivstation mit Risiko für gastrointestinale Blutungen?

Eine große prospektive Studie zeigt keinen Nutzen der weitverbreiteten „Stress-Ulkus-Prophylaxe“ mit Protonenpumpenhemmern bei Patienten auf Intensivstationen.

Ethische Aspekte der Herzschrittmachertherapie

Ethische Aspekte der Herzschrittmachertherapie reichen von (fehlenden) Handlungsanweisungen für Situationen am Lebensende über vielschichtige Interessenkonflikte und Probleme, die sich aus dem raschen technologischen Fortschritt ergeben. Hinzu kommt eine immer größer werdende Diskrepanz zwischen industrieseitig angebotener High-Tech-Medizin und der für Patienten und Gesundheitssysteme erschwinglichen und verfügbaren Versorgung. Der Artikel diskutiert einige dieser für Patienten, Angehörigen und ÄrztInnen

Kurznachrichten

Unser Mitherausgeber Wolf-Dieter Ludwig wurde am 07.12.2018 erneut zum Vorsitzenden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) gewählt. Er bekleidet dieses Amt seit 2007 (https://www.akdae.de/Kommission/Presse/Pressemitteilungen/index.htm).

Bundesrat stimmt für Abschaffung von Importquote für Arzneimittel Damit folgt dieses Gremium den Empfehlungen der Task Force zur Aufklärung der Vorgänge um den brandenburgischen Arzneimittelhändler Lunapharm (s. ARZNEIMITTELBRIEF November). Weitere Empfehlungen waren u.a.: bessere organisatorische Abläufe und adäquate, kompetente personelle Ausstattung sowohl der Aufsichtsbehörden (https://www.bundesrat.de/pk-top.html?id=18-973-27).

Nützliche Quellen im Netz
The SIDER database of drugs and side effects ist eine nicht kommerzielle, barrierefreie Recherche-Datenbank zu unerwünschten Arzneimittelreaktionen (UAW). Listet tabellarisch die Informationen aus den Fachinformationen und Einzelfallberichte auf. Einfache, schnelle Recherchefunktion. Herausgegeben von European Molecular Biology Laboratory (EMBL), in Heidelberg (http://sideeffects.embl.de/)

Viel Spaß beim Lesen des aktuellen Newsletters,

Ihre Herausgeber Wolf-Dieter Ludwig und Jochen Schuler.

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