AMB 2013, 47, 11

Pemetrexed: kein Überlebensvorteil verglichen mit Paclitaxel beim nicht-kleinzelligen, nicht-plattenepithelialen Lungenkarzinom

Pemetrexed (Alimta®) ist ein Folsäure-Antagonist, der in Veröffentlichungen des pharmazeutischen Unternehmers häufig auch vollmundig als „Multi-Target-Enzym-Inhibitor” bezeichnet wird. Er ist zugelassen in Kombination mit Cisplatin für die Erstlinientherapie lokal fortgeschrittener oder metastasierter nicht-kleinzelliger Lungenkarzinome („Non-small-cell lung cancer” = NSCLC) mit nicht-plattenepithelialer Histologie. Außerdem ist Pemetrexed zugelassen beim nicht plattenepithelialen NSCLC als Monotherapie für die Erhaltungstherapie und Zweitlinientherapie sowie in Kombination mit Cisplatin zur Behandlung des Pleuramesothelioms (1, 2).

Grundlage der Zulassung im Jahr 2008 für die Erstlinientherapie beim fortgeschrittenen NSCLC ist eine Studie, in der Cisplatin plus Pemetrexed verglichen mit Cisplatin plus Gemcitabin beim primären Endpunkt Gesamtüberleben (Overall Survival = OS) nicht unterlegen war (3, 4). In einer zuvor geplanten Subgruppe ergab sich ein Anhalt für eine unterschiedliche Wirksamkeit von Pemetrexed bei verschiedenen histologischen Befunden: Nur bei Patienten mit Adenokarzinomen und großzelligen Karzinomen war unter Cisplatin plus Pemetrexed ein geringer Überlebensvorteil zu erkennen, nicht aber bei Patienten mit Plattenepithelkarzinom der Lunge. Diese Subgruppe von Patienten mit NSCLC wurde deswegen von der Zulassung ausgeschlossen. Die Subgruppenanalyse war auch Basis für die Empfehlung in der gerade aktualisierten Leitlinie der European Society of Oncology (ESMO) zur Therapie des NSCLC im Stadium IV: bei nicht-plattenepithelialem histologischen Befund sollte Pemetrexed dem Gemcitabin vorgezogen werden (5). Eine prospektive Untersuchung des Stellenwerts von Pemetrexed bei NSCLC mit nicht-plattenepithelialer Histologie stand jedoch bislang aus.

Nun wurde im September 2012 auf einem Symposium in Chicago (Chicago Multidisciplinary Symposium in Thoracic Oncology) über die Ergebnisse einer prospektiven Studie bei Patienten mit NSCLC mit nicht-plattenepithelialer Histologie berichtet, in der die Überlegenheit von Pemetrexed im Vergleich zu Paclitaxel getestet wurde (Pointbreak-Studie). Die Ergebnisse dieser vom Inhaber der Zulassung von Pemetrexed (Eli Lilly Nederland B.V.) finanzierten Studie wurden bisher nur als Abstract publiziert (6).

In dieser Studie wurden 939 nicht vorbehandelte Patienten mit fortgeschrittenem nicht-plattenepithelialem NSCLC randomisiert behandelt mit jeweils vier Zyklen Pemetrexed plus Carboplatin plus Bevacizumab, gefolgt von Pemetrexed plus Bevacizumab-Erhaltungstherapie oder Paclitaxel plus Carboplatin plus Bevacizumab, gefolgt von Bevacizumab-Erhaltungstherapie. Die Studie wurde offen durchgeführt. Primärer Endpunkt war das OS, sekundäre Endpunkte waren progressionsfreies Überleben (Progression Free Survival = PFS), Remissionsrate (Overall Remission Rate = ORR), Erkrankungskontrolle (Disease Control Rate = DCR) und Toxizität.

Das Gesamtüberleben war annähernd gleich: im Median im Pemetrexed-Arm 12,6 Monate, im Paclitaxel-Arm 13,4 Monate (Hazard-Ratio 1,00; p = 0,949). Das PFS war im Pemetrexed-Arm geringfügig länger (6,0 vs. 5,6 Monate; p = 0,012), was angesichts des Ausmaßes (12 Tage) und der intensiveren Erhaltungstherapie für Patienten nicht relevant ist. ORR (34,1% vs. 33,0%) und DCR (65,9% vs. 69,8%) waren nicht unterschiedlich. Anämie, Thrombozytopenie und Fatigue waren im Pemetrexed-Arm häufiger, Neutropenie, sensorische Neuropathie und Alopezie im Paclitaxel-Arm. Die Toxizität beider Regimes wird von den Autoren als „tolerabel” bewertet.

Die als „Late Breaking Abstract” angekündigte Präsentation der Resultate im Oktober 2012 auf einem Kongress der ESMO in Wien wurde kurzfristig abgesagt mit der Begründung, dass die Ergebnisse bereits in Chicago vorgestellt worden seien.

Pemetrexed wird auch in der Erhaltungstherapie nach einer Induktionstherapie eingesetzt. Ein verlängertes OS ist dabei nicht sicher nachgewiesen (7, 8).

Obwohl der Zusatznutzen von Pemetrexed in der primären Therapie des NSCLC gegenüber anderen platinhaltigen Kombinationschemotherapien (10) bislang nicht überzeugend gezeigt wurde, propagiert das pharmazeutische Unternehmen bereits dessen Einsatz auch für die kontinuierliche Erhaltungstherapie – beispielsweise in Streuzeitschriften, die von Lilly Deutschland GmbH teilweise finanziert werden (11).

Die Arzneimittelkosten für Pemetrexed betragen ca. 3225 € pro Therapiezyklus; gesetzliche Pflichtrabatte der Apotheken und pharmazeutischen Unternehmen wurden dabei berücksichtigt (9).

Fazit: Pemetrexed ist Paclitaxel nicht überlegen in einer prospektiven Studie zur Erstlinientherapie, gefolgt von Erhaltungstherapie, bei Patienten mit fortgeschrittenen NSCLC mit nicht-plattenepithelialer Histologie. Unter dem sehr teuren Pemetrexed traten mehr myelotoxische Nebenwirkungen auf als unter dem inzwischen generisch erhältlichen Paclitaxel. Die Präsentation der Daten nur auf einem kleinen Kongress erweckt den Eindruck, als ob der Zulassungsinhaber die Aufmerksamkeit nicht auf diese eindeutig negativen Ergebnisse lenken wollte.

Literatur

  1. Eli LillyNederland B.V.: Fachinformation Alimta®. Stand November 2012.
  2. EMA 2011: Link zur Quelle
  3. EMA 2008: Link zur Quelle
  4. Scagliotti,G.V., et al.: J. Clin. Oncol. 2008, 26, 3543. Link zur Quelle
  5. Peters, S., et al.: Ann.Oncol.2012, 23 Suppl.7, vii56. Link zur Quelle
  6. Patel, J., et al. 2012: Link zur Quelle  (Letzter Zugriff am 26.11.2012).
  7. Ciuleanu, T.,et al.: Lancet 2009, 374, 1432. Link zur Quelle
  8. Paz-Ares, L.,et al. (PARAMOUNT): Lancet Oncol. 2012, 13, 247. Link zur Quelle
  9. AkdÄ, 2009: Link zur Quelle
  10. AMB 2002, 36, 70 Link zur Quelle und AMB 2006, 40, 02. Link zur Quelle
  11. Anonym: Im FocusOnkologie 2012, 15, 74.

 

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Karzinome, Lungenkarzinom, Paclitaxel, Pemetrexed,

 

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